Mitverschulden durch Nichttragen von Fahrradhelm?
Bei Unfällen im Straßenverkehr kommt es häufig, insbesondere bei Unfällen zwischen Kraftfahrzeugen und Fahrradfahrern zu erheblichen Verletzungsfolgen. Fraglich ist dabei, ob einem Fahrradfahrer, der bei dem Unfall keinen Helm trug und Kopfverletzungen erlitten hat, ein Mitverschulden zugerechnet werden kann. Dies auch vor dem Hintergrund, dass immer wieder eine gesetzliche Helmpflicht für Radfahrer diskutiert wird.
Entscheidend dürfte hierbei sein, dass grundsätzlich jeder Mensch die Sorgfalt beachten muss, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Hieraus könnte folgen, dass das Tragen eines Fahrradhelmes der Schadensvorbeugung dient und daher von einem sorgfältigen Menschen erwartet werden kann. Das OLG Saarbrücken sah ein Mitverschulden bereits bei einem nicht behelmten Radfahrer gegeben, wenn dieser Radfahrer unerfahren ist, ambitioniert Radsport betreibt oder ein gesteigertes Gefährdungspotential besteht. Weiter ging sogar das OLG Schleswig mit Urteil vom 05.06.2013, in dem es entschieden hat, dass das Nichttragen eines Fahrradhelms als Radfahrer im normalen öffentlichen Straßenverkehr im Falle eines Unfalls mit sturzbedingten Kopfverletzungen generell ein Mitverschulden begründet. Mit Urteil vom 17.06.2014 hat der BGH (Az. VI ZR 281/13) nun entschieden, dass einem bei einem Verkehrsunfall geschädigten Radfahrer kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anzulasten ist, solange zum Unfallzeitpunkt keine Helmpflicht oder zumindest ein entsprechendes allgemeines Verkehrsbewusstsein bestand. Eine Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens ist daher zu Lasten des Radfahrers aktuell nicht durchführbar. Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung von Radfahrern das Nichtragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann, ist bisher jedoch nicht entschieden.
Rechtsanwalt Wolfgang Weiss