Arbeitsgericht darf grundsätzlich ein ergangenes Strafurteil verwerten
Das BAG hat entschieden, dass sich ein Arbeitsgericht im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses bezüglich des Geschehens auf ein einschlägiges Strafurteil stützen darf (BAG, Urt. v. 23.10.2014, 2 AZR 865/13). Im Streit stand eine sexuelle Belästigung eines Lehrers gegenüber einer 11-jährigen Schülerin. Der Arbeitgeber sprach eine fristlose Kündigung aus, es wurde Kündigungsschutzklage von dem Arbeitnehmer eingereicht und während des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erging eine strafrechtliche Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung. Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage daher zurück und stützte sich auf das ergangene Strafurteil. Der Arbeitnehmer war jedoch der Ansicht, es wäre eine neuerliche Beweisaufnahme mit Einvernahme der Zeugen notwendig und ging bis zum Bundesarbeitsgericht. Das Bundesarbeitsgericht schloss sich den Vorinstanzen an, ging von einer ordnungsgemäßen Überzeugungsbildung durch das Gericht aus und verwies darauf, dass ein Zivilgericht sich auf ein ergangenes Strafurteil bezüglich eines im Streit stehenden Geschehens berufen könne. Die Feststellungen des Strafgerichts sind zwar nicht bindend, können jedoch im Rahmen der freien Beweiswürdigung berücksichtigt werden bei kritischer Überprüfung. Lediglich, wenn eine Partei die Vernehmung eines Zeugen verlangt – was im vorliegenden Fall nicht geschehen – so kann dieser erneut gehört werden. Auch einer unmittelbaren Verwertung wurde vom Arbeitnehmer nicht widersprochen, so dass die Abweisung der Kündigungsschutzklage nicht zu beanstanden war.
Rechtsanwalt Wolfgang Weiss