Befangenheit eines Richters, der mit seinem Rat versucht, eine Notlage abzumildern
Eine alleinerziehende Mutter zweier Kinder hatte vor dem Amtsgericht Schwabach Unterhalt erstritten. Doch der Mann zahlte nicht. In ihrer Not wandte sie sich deshalb an den Richter, der das Unterhaltsverfahren entschieden hatte. Sie teilte mit, sie sei am Verzweifeln. Das Jugendamt müsse nicht zahlen, auch die ARGE lehnte Zahlungen ab. Sie wisse gar nicht mehr, wie sie für ihre Kinder alleine aufkommen solle. Sie beschrieb ausführlich die Folgen ihrer schwierigen finanziellen Verhältnisse und bat den Richter um Hilfe, ob er ihr vielleicht einen Rat geben oder eine Stelle nennen könne, wo sie noch „anklopfen“ kann. Der Richter des Amtsgerichts Schwabach ließ der Frau mitteilen, dass ihr die Möglichkeit verbleibe, aus dem gerichtlichen Titel zu vollstrecken. Außerdem bestehe jederzeit die Möglichkeit den Mann bei der zuständigen Polizeiinspektion anzuzeigen wegen Unterhaltspflichtverletzung. Sollte sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zeigen, dass der Ex-Mann trotz Leistungsfähigkeit keinen Unterhalt leistet, komme eine Verurteilung des Ex-Mannes in Betracht. Möglicherweise veranlasse dies den Ex-Mann, die Unterhaltszahlungen wieder aufzunehmen. In einem anschließenden, neuen Verfahren, zwischen den gleichen Beteiligten, lehnte der Mann den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit unter Hinweis auf dessen Mitteilung an die Ex-Frau ab. Das Amtsgericht Schwabach hielt den Richter nicht für befangen. Das Oberlandesgericht Nürnberg sah den Fall anders und gab der Beschwerde des Mannes Recht. Das Verhalten des Richters könne bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken, er stehe dem Rechtstreit nicht unvoreingenommen und nicht unparteilich gegenüber. Zur Zeit der Mitteilung des Richters an die Frau war zwischen den Beteiligten kein Verfahren mehr anhängig. Der Richter hätte deshalb besondere Vorsicht walten lassen müssen, wenn er in seiner Eigenschaft als Richter Rechtsauskünfte aus einem Arbeitsgebiet erteilt (OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.12.2015, AZ 11 WF 1489/15).
Rechtsanwalt Wolfgang Weiss
Fachanwalt für Familienrecht